Neuwied: Seltener Rotmilan wurde gezielt vergiftet

Verbotenes Insektizid „E 605“ nachgewiesen – Täter drohen bis zu 5 Jahre Haft

Vergifteter Rotmilan / © Komitee gegen den Vogelmord e.V
Vergifteter / © Komitee gegen den Vogelmord e.V

Neuwied/Straßenhaus. Unbekannte haben im Kreis Neuwied einen streng geschützten Rotmilan vergiftet. Wie das Bonner Komitee gegen den Vogelmord mitteilt, wurde der Kadaver des seltenen Greifvogels bereits Ende März im Bereich der Wahlbachsmühle bei Straßenhaus von Zeugen gefunden. „Das Tier war äußerlich völlig unversehrt, wies jedoch verkrampfte Fänge und eine völlig atypische Flügelhaltung auf“, so Komiteesprecher Axel Hirschfeld.

Vergifteter RotmilanVergifteter RotmilanWeil andere Todesursachen wie Futtermangel oder Straßenverkehr ausgeschlossen werden konnten, bestand der Verdacht, dass der Vogel einem illegal ausgelegten Giftköder zum Opfer gefallen sein könnte. Dies wurde jetzt durch vom Komitee gegen den Vogelmord bei der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München in Auftrag gegebene Laboranalysen bestätigt.

Rotmilane stehen in Deutschland auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten und sind vielerorts stark zurückgegangen. Ein Grund dafür ist die illegale Greifvogelverfolgung mit ausgelegten Giftködern, denen Rotmilane als spezialisierte Aasfresser besonders häufig zum Opfer fallen. So wurden im benachbarten NRW in den letzten 5 Jahren insgesamt 38 Rotmilane nachweislich vergiftet. In einem Fall wurde ein Täter von der Polizei überführt und zu einer hohen Geldstrafe verurteilt.

Ob die Behörden im Fall des Neuwieder Milans alle Mittel zur Aufklärung des Falles ausgeschöpft haben, ist nach Ansicht des Komitees anzuzweifeln. So hielt es die für den Fall zuständige Polizei trotz einer seit Ende März vorliegenden Strafanzeige gegen Unbekannt bis Mitte Mai nicht für nötig, den Kadaver des Milans auf Giftrückstände untersuchen zu lassen. „Der Finder hatte den Vogel sechs Wochen in der Tiefkühltruhe, ohne dass sich die Behörden bei ihm gemeldet haben“, berichtet Hirschfeld. Als das Verfahren von der Polizei schließlich ohne Ergebnis eingestellt wurde, beauftragte das Komitee das Veterinäramt Koblenz sowie die LMU München mit der toxikologischen Untersuchung der Vogel-Leiche.

„Bei der Untersuchung konnten Rückstände von Parathion gefunden werden“, so Professor Heidrun Potschka von der LMU. Parathion ist ein in Deutschland seit Jahren verbotenes Kontaktinsektizid – das auch unter den Namen „E 605“ oder „Schwiegermuttergift“ bekannt ist. Parathion gehört zur Gruppe der Organophosphate und ist bei Hautkontakt auch für Hunde und Menschen hochgefährlich. Das Komitee bittet deshalb alle Hundehalter, ihre Schützlinge im Bereich des Wahlbaches an die Leine zu nehmen und verstärkt auf mögliche Köder zu achten. Wer tote Greifvögel oder verdächtige Köder findet, soll sich entweder direkt mit der Polizei oder den Vogelschützern (Tel.: 0228/665521) in Verbindung setzen.

[DE] 12. Juni 2012 – Komitee gegen den Vogelmord e.V
www.komitee.de