Umfrage: Mehrheit von EU Bürger*innen lehnt gentechnische Veränderung von wildlebenden Arten ab

DNA Genetic Material © Pixabay

Berlin – In Gene-Drive-Organismen ist häufig die Gentechnologie CRISPR-Cas eingebaut und so programmiert, dass sie sich selbst immer wieder ins Erbgut aller Nachfahren einfügt. Damit können Menschen wildlebende Arten verändern, ersetzen oder gar ausrotten. Aber soll die Menschheit derartige Organismen in die Natur entlassen?

Die Antwort einer deutlichen Mehrheit der Bürger*innen in acht europäischen Ländern lautet: “Nein, die Risiken sind zu hoch”. Diese erste länderübergreifende Meinungsumfrage zu diesem Thema zeigt eine hohe Ablehnung (je nach Land 46 – 70 Prozent) und eine sehr geringe Unterstützung (7 – 16 Prozent) für den Einsatz der Gene-Drive-Technologie in der Umwelt. Die Umfrage unter fast 9.000 Personen ist repräsentativ für 280 Millionen EU-Bürger*innen. Sie wurde von neun Nichtregierungsorganisationen in Auftrag gegeben, die eine informierte und umfassende öffentliche Debatte und ein weltweites Moratorium für die Freisetzung dieser neuen Art von gentechnisch veränderten Organismen fordern. Die Umfrage zeigt auch, dass ein großer Teil der Befragten in Bezug auf diese Fragen noch unentschieden ist (14 – 27 Prozent) oder es nicht weiß (1 – 24 Prozent).

Bislang vorgeschlagene Anwendungsgebiete für Gene-Drives umfassen vor allem die Ausrottung oder Veränderung von Insekten und Nagetieren, mit dem propagierten Ziel, die Übertragung von Infektionskrankheiten zu verhindern, landwirtschaftliche Schädlinge einzudämmen oder invasive Arten zu kontrollieren. Eine starke Beteiligung von Militärbehörden an der Forschung deutet darauf hin, dass die Technologie auch als biologische Waffen genutzt werden könnte.

„Eine derart mächtige Technologie mit potenziell irreversiblen Folgen für wildlebende Arten und alle ihre Ökosysteme muss durch strenge internationale Regeln und Verfahren der Entscheidungsfindung kontrolliert werden. Wir sind der Meinung, dass die Freisetzung von Gene-Drive-Organismen aus dem Labor in die Umwelt überhaupt nicht stattfinden sollte. Zumindest bedürfte es strenger internationaler Standards für eine Technikfolgen- und  Risikobewertung und einen globalen Konsens für jede Freisetzung auf Basis einer vorherigen inklusiven, demokratischen Entscheidungsfindung aller potenziell betroffenen Staaten und Völker“, erklärt die Koordinatorin der Europäischen Stop Gene-Drive Kampagne, Mareike Imken von Save Our Seeds, Deutschland.

Eine große Mehrheit der Befragten (65 – 82 Prozent) stimmt der Aussage zu, dass die Freisetzung von Gene-Drive-Organismen in die Umwelt so lange aufgeschoben werden sollte, bis wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass ihre Freisetzung der biologischen Vielfalt, der menschlichen Gesundheit, der oder dem Frieden nicht schaden würde. Eine ähnliche Mehrheit (61 – 85 Prozent) stimmt zu, dass die Genehmigung zur Freisetzung von Gene-Drive-Organismen in die Umwelt, die sich global ausbreiten könnten, einen globalen Konsens erfordern sollte.

Unter den befragten Deutschen liegt die Zustimmung zu einem globalen Anwendungsaufschub für erste Gene-Drive-Experimente bei 65 Prozent. Einem im Vergleich zu den anderen Erhebungsländern niedrigeren Wert. Demgegenüber sehen die Deutschen mit nur rund 7 Prozent Zustimmung die Vorteile der Gene-Drive-Technologie im Vergleich zu den anderen Erhebungsländern am negativsten. Begründen lassen sich diese Ergebnisse möglicherweise mit einem im Ländervergleich überdurchschnittlich hohen Anteil von 21 Prozent der Deutschen, die sich noch nicht in der Lage sehen, eine abschließende Meinung zur Abwägung von Risiken oder auch Vorteilen der Gene-Drive-Technologie zu bilden.

Details zur Befragung:
Die repräsentative Umfrage wurde von dem internationalen Marktforschungsinstitut YouGov durchgeführt und befragte 8.826 Bürger*innen aus den acht EU-Ländern Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Polen, Dänemark, Schweden und Bulgarien im Dezember 2020. In Auftrag gegeben wurde die Umfrage von einem Bündnis aus den Organisationen WeMove Europe, Save Our Seeds/Zukunftsstiftung Landwirtschaft (Deutschland), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) (Deutschland), Deutscher Naturschutzring (DNR) (Deutschland), Umweltinstitut München (Deutschland), France Nature Environnement (FNE) (Frankreich), POLLINIS (Frankreich), OGM Dangers (Frankreich) und Skiftet (Schweden), Za Zemiata (Bulgarien).

Deutscher Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen (DNR) e.V.
www.dnr.de