Der Jakobshavn Isbræ Gletscher liegt nahe dem grönländischen Ilulissat im Westgrönland. Sein Eis fließt in den Ilulissat-Eisfjord an der Westküste Grönlands.

Der Grönländische Eisschild verzeichnete einen neuen Rekord-Massenverlust im Jahr 2019. Zu diesem Ergebnis kam ein Team aus internationalen Forschenden durch die Auswertungen von Satellitenbeobachtungen und Modelldaten. Die Gesamtmassenverluste fielen mit 532 Milliarden Tonnen höher aus als im bisherigen Rekordjahr 2012 (464 Mrd. Tonnen), was einem global gemittelten Meeresspiegelanstieg von 1,5 mm entspricht. Nach zwei Jahren mit geringen Massenverlusten in 2017 und 2018 befindet sich der Eisschild nun wieder auf dem Pfad eines zunehmenden Massenverlusts. Die fünf größten Verlustjahre haben sich in der letzten Dekade ereignet. Der Massenverlust überstieg in 2019 den Zuwachs durch Schneefall um über 80%. Die Studie ist heute im Fachjournal Communications Earth & Environment erschienen.

AWI Forscher belegt Rekord-Eisverluste in Grönland 2019 basierend auf Daten der GFZ/NASA Satellitenmission GRACE Follow-On.

Für die Bestimmung der Eisverluste werteten die Forschenden aus dem Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ und internationale Partner Satellitendaten der Mission GRACE und ihrer Nachfolgemission GRACE Follow-On (GRACE-FO) aus. Die Satelliten liefern hochgenaue Messungen, aus denen monatliche Karten der Erdanziehungskraft berechnet werden. Durch die Umverteilung von Massen verändert sich die Erdanziehungskraft zeitlich und räumlich, in Grönland zum Beispiel durch Eisverluste in den Ozean. Verglichen haben die Forscher die Satellitendaten mit Simulationen von regionalen Klimamodellen, die darauf spezialisiert sind, Schneefall und Schmelzen des Eisschilds abzubilden.

 „Nach zwei Jahren ‚Atempause‘, sind in 2019 die Massenverluste wieder stark angestiegen und übertreffen alle Jahresverluste seit 1948, wahrscheinlich sogar seit über 100 Jahren“, sagt Ingo Sasgen, Glaziologe am AWI in Bremerhaven und Leitautor der Studie. „Immer häufiger haben wir stabile Hochdruckgebiete über dem Eisschild, die den Einstrom von wärmerer Luft aus den mittleren Breiten und damit das Schmelzen begünstigen. Ein ähnliches Muster haben wir im bisherigen Rekordjahr 2012 gesehen.“

Die Massenbilanz eines Jahres ergibt sich aus der Differenz zwischen Eiszunahme durch Schneefall und Eisverlusten durch Schmelzen und Eisaustoß am Rande des Eisschilds. „2019 war der Schneefall geringer als im langjährigen Mittel; auch das hat zu dem Rekordwert beigetragen“, erläutert Marco Tedesco, Professor an der Columbia University und Mitautor der Studie. „Durch den Vergleich von Satellitendaten mit regionalen Klimamodellen konnten wir genau sehen, welcher Prozess wie stark beteiligt und welche Großwetterlagen bestimmend waren“, ergänzt er.

Entscheidend für die kontinuierliche Beobachtung der grönländischen Eismassen sind die beiden Satellitenmissionen GRACE und GRACE-FO zur Beobachtung des Erdschwerefeldes. Deren Messungen ermöglichen es, Massenänderungen des Eisschilds in monatlicher Auflösung zu quantifizieren.  „Die Satellitenmission GRACE, die im Sommer 2017 endete, lieferte uns über 15 Jahre hinweg essentielle Beobachtungen zu den Eisverlusten in Polargebieten“, sagt Christoph Dahle, verantwortlich für die Berechnung der Schwerefelder aus den Rohdaten beider Missionen am Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ . „Nach einer Lücke von etwa einem Jahr konnten wir im Sommer 2018 mit der Folgemission GRACE-FO das Monitoring erfolgreich fortsetzen.“

Die Arktis erwärmt sich im Sommer etwa eineinhalbmal so schnell wie im globalen Durchschnitt. Hinzu kommen verschiedene Rückkopplungseffekte, die die Eisverluste verstärken. „In den Jahren  2017 und 2018 hatten wir sehr kalte und schneereiche Jahre in Grönland“, sagt Sasgen. Die GRACE/GRACE-FO Daten zeigen aber, dass auch in diesen Jahren die Massenbilanz durch den starken Ausstoß im Meer endender Gletscher negativ war. „Wir sehen eine starke Variation von Jahr zu Jahr. Die fünf stärksten Verlustjahre seit 1948 sind aber in den letzten zehn Jahren zu verzeichnen“, berichtet Sasgen.

Gemeinsame Pressemitteilung des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und des Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ.

Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)
www.awi.de